Nach einer kurzen Nacht, wachten Christian, Marcel und Darko als erste auf, nutzten die Gelegenheit und machten Schnappschüsse vom schlafenden Rest. Miro wachte dann als nächster auf und weckte ganz „rücksichtsvoll“ Tiho und Dejan. Erst jetzt als es hell war, sahen wir, wo wir die Nacht verbrachten: irgendwo in der bulgarischen „Pampa“. Während der Marcel vergeblich versuchte, sein Wurfzelt wieder in Ausgagngsgröße zurück zu transformieren und die restlichen Jungs die Autos von Schlafmobilen wieder in Rennmaschinen umwandelten, kreisten zwei mal sehr zwielichte Gestallten um unseren Schlafplatz. Bevor die ein drittes Mal kamen und evtl. „Verstärkung“ holten, machten wir uns aus dem Staub.
Die geplante Route verlief parallel zur Autobahn und war als Bundesstrasse ausgewiesen. Es ging auch „wirklich sehr zügig“ voran: wir brauchten für zwei kilometer eine halbe Stunde. Warum? Weil die Strassen keine Strassen waren, sondern eine Ansammlung von Schlaglöchern, die bis zum Mittelpunkt der Erde reichten. Und wir übertreiben nicht: die Schlaglöcher in Deutschland sind „Kindergeburtstag“ dagegen. Zum Glück besserte sich das und wir konnten zügig durch Bulgarien durchreisen.
Da wir mehr Zeit in Istanbul verbringen wollten, wurde in Bulgarien nicht gerastet bzw. nur dann, wenn einer von uns kurz vorm „platzen“ war und sich „drückender“ Flüssigkeiten entledigen mussten. Es ging durch „Elin Pelin“, „Ihtiman“, „Pazardzik“, „Plovdiv“, „Haskovo“ und „Svilengrad“ Richtung türkische Grenze. Unterwegs schickten uns unsere treuesten Fans noch einen Screenshot von dem Gps-tracking aller Teams und siehe da, wir waren vorne mit dabei: die leicht erhöhte Geschwindigkeit durch Bulgarien und der direkte Weg durch den „wilden Balkan“ haben sich also ausgezahlt. Da jedoch die Türkei von diesem Teil Bulgariens nur über die Autobahn zu erreichen ist und Autobahnen für uns, laut Rallyeregeln, verboten waren, mussten wir einen kurzen Abstecher nach Griechenland machen um von dort aus in die Türkei per Landstrasse zu gelangen.
In Griechenland konnten wir noch unsere Tagesaufgabe aus dem Roadbook lösen: einer von uns musste einen Basketballkorb berühren, ob mit der Hilfe der Teammitglieder oder nicht. Da unser Tiho früher semiproffesioneller Basketballspieler war, stellte diese Aufgabe nun keine große Herausforderung dar.
Im einzigen Dorf durch das wir hier fuhren, wollte Dejan sich noch einmal von den Bewohnern bestätigen lassen, ob wir richtig sind. Wir freuten uns schon darauf, zu sehen, wie Dejan mit Hand und Füßen den Griechen erklären wollte, dass wir in die Türkei fahren wollten. Wir konnten eine gewisse Schadenfreude nicht verbergen. jedoch wer zuletzt lacht, lacht am besten, denn Dejan packte nun seine geheimen Künste als Sprachgenie aus und fragte die Dorfbewohner in fliessendem Griechisch, ob wir richtig waren. Dejan teilte uns mit einem fetten Grinsen mit, dass wir richtig waren und uns fiel allen die Kinnlade runter: „Wieso spricht der perfekt Griechisch?“ Marcel antwortete dann: „Ich kann das auch! Nur muss ich vorher ein paar Bier verköstigt haben: dann spreche ich alle Sprachen!“ Nur der Dejan konnte das auch nüchtern und wir waren platt.
Immer noch beeindruckt, erreichten wir die Grenze zur Türkei, wo uns erst einmal ein Panzergraben erwartete, den wir langsam mit unseren SAABs durchquerten. Auf der Türkischen Seite angekommen, mussten wir die Autos stehen lassen und zuerst an drei Schaltern alle Zollformalitäten erledigen. Dabei wurden wir sehr misstrauisch von den Zöllnern beobachtet. Kurz bevor wir alles erledigt hatten, kam der Hauptzöllner auf uns zu, schaute uns sehr ernst an und forderet uns auf „You! Finish! Come here!“. Bei uns leuteten alle Alarmglocken: wenn sie uns irgendwo filzen, dann jetzt und hier.
Wir gingen also brav zum Oberzöllner und warteten auf seine Anweisungen.
„What you doing Türkiye?“
„We are driving the Allgäu-Orient-Rallye: starting from Oberstaufen, driving through Istanbul, Ankara, Ordu, Kars, Kapadokia, Iskenderun, then Israel to Jordan!“
„What? Through whole Türkiye? You are crazy! Come! Drink „caj“ and tell ma more!“
Wir konnten es kaum fassen: die waren supernett und gar nicht grimmig, boten uns Tee an und wollten mehr von der Rallye erfahren. So sind wir noch nie an einer Grenze empfangen worden! Über eine Stunde wollten die alles über uns, die Rallye, die Autos, warum wir das machen und alles mögliche wissen. Sie schenkten uns dann zum Abschied sogar noch eine Pfauenfeder und wir ihnen als Gegenleistung Rallyeshirts. Es war ein toller Empfang.
Weiter ging es nun, mit „caj“ gestärkt, Richtung „Edirne“, einer sehr schönen Stadt, wo ein weiteres Team vom gelben SAABexpress „überrannt“ wurde. Auf dem Weg nach Istanbul, waren wir alle überrascht, wie ordentlich, sauber, mächtig und geordent dieser Teil der Türkei war. Man muss diesen Teil der Türkei erlebt haben, um zu verstehen was wir meinen: beeindruckend! Die Stimmung im Team war wie immer grossartig. Wir erreichten rasch die Vororte Istanbuls, doch es dauerte noch fast zwei Stunden, bis wir unser heutiges Etappenziel erreichten: unser Fahrerlager am Hippodrom vor der „blauen Moschee“. GIGANTISCH! 🙂
„Merhaba Istanbul!“
Und stolz konnten wir auf uns auch sein: als 99ster gestartet, als vierter in Istanbul angekommen. Das ist schon eine bemerkenswerte Leistung!
Und was macht man als erstes in Istanbul? Richtig: Wasserpfeife rauchen! Also ab in eines der unzähligen Nargile-Kaffees, wo es auch was zu essen gab. Der Döner schmeckte lecker, der „caj“ spitze, die Musik war super und die Wasserpfeife hocharomatisch. Aber das highlight war unser „rennender“ Kellner, der extra für uns den Abschieds-„caj“ im sprinttempo servierte. Wir dachten alle, dass es ihn, spätestens beim Versuch an unserem Tisch zu bremsen, schmeissen wird. Er hatte aber erstaunlicherweis alles im Griff.
Ganz stolz über seine Leistung und wie schnell er mit dem kochend heissen Tee auf dem Tablett sprinten kann, erzählte uns der Kellner, dass er mit dieser Nummer etliche Extralira Trinkgeld bekommt. Doch Miro toppte die Leistung des Kellners mit nur einem Satz: „I thought you are very quick, but this was very slow!“ Und bei diesem Kommentar mussten nicht nur wir lachen, sondern auch der Kellner. Wir sind uns sicher, er hat selten so eine lustige, witzige und „verrückte“ Truppe bedient.
Wie? Wir übertreiben? Ihr glaubt uns die Geschichte nicht? Dann schaut hier:
Nachdem uns der Kellner wie alte Freunde verabschiedet hat, machten wir uns auf den Weg in unser Nachtlager, um endlich wieder einmal auszuschlafen. 🙂
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